Zeit für ein Resümee

Wer Ausdauer besitzt, ist fast schon am Ziel.


Ernst R. Hauschka

Nach meinem letzten Post hatte ich angekündigt, eine Zusammenfassung über mein Masterstudium in praktischer Informatik an der Fernuni Hagen zu schreiben. Dieser Post ist jetzt schon ein paar Monate her, so dass es langsam mal Zeit wurde, in die Tasten zu hauen. In der Zwischenzeit hatte mein Hirn die Gelegenheit, aus dem Stressmodus der Masterarbeits-Phase zurück in den Regelbetrieb zurückzukehren und die Ereignisse der vergangenen Wochen zu bewerten und zu sortieren. Hier also nun endlich das große Resümee

Ausgangssituation

Rückblende: Wir befinden uns im Sommer 2011. Nach einem gerade einigermaßen überwundenen Burnout im Jahr zuvor bedinde ich mich in einer mittelprächtigen Sinnkrise. Wer einmal mit Depressionen zu tun gehabt hat, der weiß, dass dies mit gewissenen Einschränkungen im kognitiven Bereich einhergeht. Konzentration, Merkfähigkeit und Motivation sind stark eingeschränkt, das Selbstbewusstsein ebenso. Auf der Suche nach den Hintergründen und Zusammenhängen zwischen den o.g. Ausprägungen von Depressionen habe ich mich damals entschieden, ein Bachelor-Studium der Psychologie an der Fernuni aufzunehmen. Um es kurz zu machen: Es war ein kurzes Intermezzo in das Reich der Geisteswissenschaften – und definitiv nichts für mich.
11 Jahre zuvor konnte ich im Februar 2000 mein Erststudium an der Uni Paderborn erfolgreich abschließen

In den ersten Berufsjahren musste ich leider feststellen, dass der von mir damals gewählte Fächerkanon nicht zu 100% für meine damalige Position geeignet war. Ich hatte u.a. die Fächer Produktionswirtschaft, Betriebssysteme, verteilte Systeme und Organisation belegt. Was mir aus heutiger Sicht fehlte waren u.a. Kenntnisse in Software-Engineering, Projektmanagement und Datenbanken.

Es waren letzten Endes drei Faktoren, die mich dazu bewogen haben, das Masterstudium in praktischer Informatik aufzunehmen: Einerseits wollte ich mir beweisen, dass ich nach dem überwundenen Burnout noch leistungsfähig genug war, um auch anspruchsvollere Aufgaben erfolgreich angehen zu können. Andererseits wollte ich die o.g. fachlichen Lücken aus dem Erststudium füllen. Und schließlich was ich unzufrieden mit dem alltäglichen Tagesablauf: Morgens aufstehen, zur Arbeit gehen, danach nach Hause fahren, Simpsons schauen, auf der Couch einpennen usw. Mir fehlte ein Projekt, in das ich Energie investieren konnte und das gleichzeitig herausfordernd genug war, um dem Alltagstrott zu entfliehen.

Die Aussicht auf einen Karriereschub gehörten übrigens von vornherein nicht zu den Faktoren, die mich zum Studium bewogen hatten: Bei meinem Arbeitgeber ist man Akademiker oder eben nicht. Die Anzahl der Abschlüsse spielt da tatsächlich erstmal keine Rolle (vielleicht abgesehen von einer Promotion).

Und so stolperte ich ins Studium und machte direkt den gleichen Fehler wie in Paderborn: Ich habe mich nicht wirklich gründlich informiert, was da alles auf mich zukommt – und hatte keine Ahnung, wieviel Energie und Selbstdisziplin mir das ganze Projekt abverlangen würde.

Die Studienplanung

Es hat einige Zeit gedauert, bis ich die Studienordnung soweit durchdrungen hatte, um mich bzgl. der Modulauswahl und der weiteren Regularien sattelfest zu fühlen. Und so stand am Ende der folgende Modulplan für mich fest:

ModulVeranstaltung
Leistungsnachweismodule
LN-Modul IImplementierung von Datenbanksystemen (1664)
Datenbanken II (1672)
LN-Modul IISoftware-Engineering I (1793)
Praktikum
Programmierpraktikum (1580)
Seminar
Seminar „verteilte Systeme“ (1915)
Prüfungsmodule
Prüfungsmodul I (Vertiefungsbereich)
Moderne Programmiertechniken und -methoden (1853)
Prüfungsmodul II (Vertiefungsbereich) Objektorientierte Programmierung (1814)
Prüfungsmodul III Mobile Computing (1679)
Prüfungsmodul IVDaten- und Dokumentenmanagement im Internet (1873)
Informations- und Wissensmanagement im Internet (1874)
Abschlussmodul
AbschlussmodulMasterarbeit

Kurs-/Modulbewertungen (alle rein subjektiv)

Datenbanken II (Kurs 1672)

Das war mein erster Kurs seit 12 Jahren Uni-Abstinenz. Das Skript war gut aufgebaut und half schnell, meine Kenntnisse im Bereich relationaler Datenbanksysteme zu erweitern.
Inhalte: Synchronisation, Transaktionsmanagement, Integrität, Datenschutz und -organisation sowie weitergehende Konzepte (OO- oder NoSQL-Datenbanken)
Lernart: handschritfliche (!) Zusammenfassung und Karteikarten
Prüfungsart: LN-Klausur, bestanden
Bewertung: Der Kurs war mit keinen großen Schwierigkeiten behaftet, leicht zu lernen und zu bestehen
Besonderheit: Meine erste Uni-Klausur seit mehr als 12 Jahren

Implementierung von Datenbanksystemen (Kurs 1664)

Ähnlich wie Kurs 1672, nur thematisch für mich noch etwas spannender. Aufbau des Skriptes war OK.
Inhalte: Architektur von DB-Systemen, Externspeicher- und Systempufferverwaltung, Indexstrukturen, Externes Sortieren, Anfrageverarbeitung
Lernart: Mehrfaches Durcharbeiten des Kurstextes, Karteikarten, handschriftliche Kurzzusammenfassung
Prüfungsart: LN-Klausur, bestanden
Bewertung: Der Kurs war mit keinen großen Schwierigkeiten behaftet, leicht zu lernen und zu bestehen
Besonderheit: Keine

Software-Engineering I (Kurs 1793)

Dieser Kurs stand mehrfach auf meiner Semesterliste, teilweise aus Schusseligkeit (ich hatte im ersten Semester einer Fächerkombination gewählt, deren LN-Klausuren am selben Tag zur selben Zeit geschrieben wurden), teilweise aus privaten Gründen (im WS 2013/14 musste ich alle Prüfungen absagen, weil ich einige Schicksalsschläge zu verdauen und in dieser Zeit für Prüfungen keine Kraft/Zeit mehr hatte).
Inhalte: Wie der Name schon suggeriert, beinhaltet der Kurs viele Aspekte, die sich mit der ingenierusmäßigen Softwareentwicklung beschäftigen:
Vorgehensmodelle, Qualitätssicherung, Strukturelle und Verhaltens-Modellierung, Anforderungsermittlung, Analyse und Entwurf. Und viiiiieeeeeel UML.
Lernart: Mehrfaches Durcharbeiten des Skriptes, handschriftliche Zusammenfassung, Karteikarten und intensive Beschäftigung mit den Übungsaufgaben, den Altklausuren und den Prüfungsprotokollen der Fachschaft.
Prüfungsart: LN-Klausur, bestanden
Bewertung: Sehr gelungener Kurs, umfangreiches Skript (435 Seiten). Als Zusatzliteratur hatte ich mir noch “ Lehrbuch der Objektmodellierung: Analyse und Entwurf mit der UML 2″ von Heide Balzert zugelegt. Mit dieser Kombi war die Vorbereitung auf die Klausur kein Problem
Besonderheit: Ich habe mir sämtliche Lernunterlagen mit in den Urlaub genommen. Das hab ich zwar in so gut wie jedem Urlaub der vergangenen 6 Jahre so gehandhabt, aber dieses Mal hab ich es echt durchgezogen und im TauernSpa in Kaprun an diversen Pools und Spa-Bereichen gelernt. Selten war lernen so chillig wie für diese Prüfung.

Moderne Programmiertechniken und -methoden (1853)

Dieser Kurs hatte es in sich, und zwar gleich in mehrfacher Hinsicht. Ich bin auf ihn wegen seines Titels aufmerksam geworden und habe mir nicht mal die Mühe gemacht, die Kursbeschreibung durchzulesen. Also bin ich mal wieder maximal unvorbereitet an diesen Kurs herangegangen. Die Übungsaufgaben habe ich mir nicht angetan (ein großer Fehler, wie sich im Nachhinein herausstellte), und auch die Lernerei war nicht gerade ein Ruhmesblatt. Denn hätte ich die Prüfungsprotokolle gelesen, wäre mir klar geworden, wie Prof. Steimann prüft. In wirklich jedem Protokoll wird erwähnt, dass man sich ein Themengebiet aussuchen kann, mit dem man beginnen will und er einen dann erstmal frei referieren lässt. Und genau hierauf hätte ich mich vorbereiten sollen. Und – wie die Beisitzerin Frau Dr. Keller nach der Prüfung sagte – ich hätte tatsächlich einen Vortrag ausarbeiten sollen und ihn jedem, der nicht bei drei auf dem Baum ist, halten sollen. „Zur Not auch der Zimmerpflanze“ (Originalzitat Dr. Keller). Ich habe mich darauf beschränkt, das Skript 2-3 Mal komplett durchzulesen und mir nicht mal die Mühe gemacht, eine Zusammenfassung zu erstellen – vom Vortrag ganz zu schweigen. Und da es meine erste mündliche Prüfung seit 14 Jahren war, musste ich erst wieder in den Prüfungsmodus reinkommen. Die Quittung für eine derart mangelhafte Prüfungsvorbereitung: Eine 4,0 als Note. Das hat mich wachgerüttelt, was die weiteren Prüfungen und deren Vorbereitung anging. Sowas sollte mit nicht noch einmal passieren – und passierte zum Glück auch nicht mehr :-).
Inhalte: Interfacebasierte Programmierung, Design-by-contract, Unit-Testen, Entwurfsmuster, Refactoring, Metaprogrammierung, Extreme Programming
Lernart: Harakiri (s.o.): Lediglich das Skript mehrfach durchgelesen, keine Übungen, keine Zusammenfassung, keine Prüfungsprotokolle.
Prüfungsart: Mündliche Prüfung, bestanden, Note: 4,0
Bewertung: Toller, interessanter Kurs, Scheiß-Note (an der ich allerdings selbst Schuld bin) und die Erkenntnis, mich auf künftige mündliche Prüfungen besser vorbereiten zu müssen
Besonderheit: Erste mündliche Uni-Prüfung seit 14 Jahren

Objektorientierte Programmierung (Kurs 1814)

Oh, oh, schon wieder eine Prüfung bei Prof. Steimann. Dachte ich zumindest, als ich diesen Kurs belegen musste (ich hatte als Vertiefungsbereich „Software-Engineering und Programmiersprachen“ ausgewählt, und da war die Auswahl nicht wirklich groß, was Master-Module angeht). Der Lerneffekt aus der mündlichen 1853er-Prüfung (s.o.) haben aber für einen kompletten Strategiewandel bei der Prüfungsvorbereitung gesorgt. Das Ergebnis war mehr als ansprechend. Einzig die Tatsache, mich mit Smalltalk auseinandersetzen zu müssen, hat meinen Gesamteindruck etwas getrübt – obwohl ich den didaktischen Aspekt dahinter sehr wohl verstanden habe.
Inhalte: Grundkonzepte der objektorientierten Programmierung, Systematik der objektorientierten Programmierung, Typen in der objektorientierten Programmierung, Java, andere objektorientierte Programmiersprachen, Probleme der objektorientierten Programmierung, Objektorientierter Stil
Lernart: Bearbeitung der Übungsaufgaben, intensive Analyse der Prüfungsprotokolle, Teilnahme am Studientag, testweise Teilnahme an zugehöriger LN-Klausur, Karteikarten, schriftliche Zusammenfassung (überwiegend handschriftlich, nur rudimentär elektronisch)
Prüfungsart: mündliche Prüfung, bestanden, Note: 1,0
Bewertung: Sehr interessanter Kurs, der sehr tief in die Welt der objektorientierten Programmierung eintaucht. Hat mein Verständnis für einige Besonderheiten und Probleme der OO-Programmierung stark geschärft. Bis ich mir allerdings den Begriff des „Rekursiv beschränkten parametrischen Polymorphismus“ und dessen Definition merken konnte, hat es schon einiger Anläufe bedurft.
Besonderheit: Beste Note in meinem Masterstudium.

Mobile Computing (Kurs 1679)

Wieder ein sehr interessanter Kurs, der unzweifelhaft einige Stärken, aber aufgrund der rasanten Entwicklung im Bereich mobiler Kommunikation und ihrer zugrunde liegenden Technologien in Teilen stark veraltet war. Der Grundlagenteil war jedoch hochspannend und hat mich derart gefesselt, dass ich auch heute – 5 Jahre später – die Grundlagen von GPS-Ortung, GSM-Mobilfunktechnologie und WLAN-Technologie herunterrasseln kann. Letzteres liegt aber wahrscheinlich auch wieder an der veränderten Prüfungsvorbereitung.
Inhalte: Grundlagen der drahtlosen Kommunikation, Mobiltelefonie, Drahtlose lokale Netze, Wireless Personal Area Networks, Protokolle zur ad-hoc-Vernetzung, mobiles Internet, Ortsbezug, Sicherheit in mobilen Netzen, mobiler Datenzugriff, mobile Endgeräte, mobile Betriebssysteme
Lernart: intensive Bearbeitung der Einsendeaufgaben, mehrfaches Durcharbeiten des Skriptes, handschriftliche Zusammenfassung und Karteikarten
Prüfungsart: mündliche Prüfung, bestanden, Note: 2,3
Bewertung: Der für mich interessanteste Kurs, den ich in diesem Studium belegt habe
Besonderheit: Sehr umfangreiches Skript, 433 Seiten + Extrakapitel zum Download

Daten- und Dokumentenmanagement im Internet (Kurs 1873)
und
Informations- und Wissensmanagement im Internet (Kurs 1874)

Die beiden Kurse 1873 und 1874 habe ich belegt, weil ich mich einerseits mit XML und den weiteren darauf aufbauenden Randtechnologien beschäftigen wollte und weil „Wissensmanagement“ das Thema meiner Diplomarbeit aus meinem Erststudium in Paderborn war. Die beiden Kurse waren zwar inhaltlich nicht uninteressant, haben mich aber aus zwei Gründen enttäuscht: Einerseits schien das Skript etwas „zusammengeschustert“ zu sein und war dementsprechend schwer zu lesen und zu verstehen, andererseits lag das Skript nur in elektronischer Form vor. Ich bin da ein wenig old-school-mäßig unterwegs, denn zum Lernen (meistens morgens und abends im Zug) brauche ich Papier in der Hand. Klar hab ich mir das Skript ausgedruckt und hatte dadurch auch ein Papierexemplar, ich verstehe aber nicht, warum man es nicht als Studienbrief verschicken konnte oder wollte. Egal, es war das letzte Prüfungsmodul und von daher auch meine letzte mündliche Prüfung im Studium (wenn man vom Kolloquium der Masterarbeit mal absieht), und eine ansprechende Note war der Lohn für die Auseinandersetzung mit dem Stoff und dem Skript.
Inhalte 1873: Modell der strukturierten Daten, Dokumentbeschreibungssprachen, Konzepte von XML, Transformation, Ontologie und Standard
Inhalte 1874: Semantische Integration, Ontologiesprachen für das Internet, Erzeugung vo Ontologien und Metasprachen, Information Retrieval und Information Retrieval Evaluation
Lernart: Mehrfaches Durcharbeiten der Skripte, Analyse von Prüfungsprotokollen und Altklausuren, Erstellung einer umfangreichen elektronischen Zusammenfassung, alles in allem 2 Monate Lernaufwand
Prüfungsart: mündliche Prüfung, bestanden, Note: 1,3
Bewertung: Ganz netter Kurs, etwas holprig zu lesen, aber interessante Thematik. Faire Prüfung & Note
Besonderheit: Der Prüfer, Prof. Hemmje, war nicht persönlich in Hagen anwesend, die Prüfung wurde als Videoprüfung durchgeführt (eine interessante Erfahrung). Da Prof. Hemmje nur ca. 6 km von mir entfernt wohnt, hätte ich mir vermutlich die Anreise mit dem Auto nach Hagen sparen können und wäre einfach nur in den Nachbarort gefahren. So waren’s knapp 400 km (hin und zurück).

Seminar „Verteilte Systeme“ (1915)

Das Seminar wollte ich ursprünglich am Lehrstuhl Steimann ablegen. Allerdings musste ich meinen Seminarplatz aufgrund von beruflichen Herausforderungen zurückgeben. Also nächster Versuch im folgenden Semester am Lehrstuhl von Prof. Haake. Angemeldet, Bestätigung erhalten, Thema und Bearbeitungspartnerin zugewiesen bekommen und los geht’s.
Das Konzept „gemeinsame Bearbeitung eines Themas durch 2 Studierende“ muss man mögen – mir persönlich liegt es nicht. Das hat nichts mit der mir zugewiesenen Co-Bearbeiterin zu tun, die Zusammenarbeit verlief sehr harmonisch und im Nachhinein auch erfolgreich, sondern damit, dass ich bei alleiniger Bearbeitung auch vollumfänglich für den Erfolg verantwortlich bin und nicht auf die Zuarbeit anderer angewiesen bin – und diese nicht auf meine. Selbst wenn man persönlichen Umgang mit Kommilitonen pflegen könnte, wäre die gegenseitige Abhängigkeit von der Arbeitsergebnissen anderer vorhanden. Um einiges herausfordernder wird es allerdings, wenn man bis zur Präsentation seinen „Buddy“ nur virtuell kennt bzw. zur Abstimmung mal telefoniert hat. Und wenn beide beruflich derart eingespannt sind, dass das Arbeitspensum einen an die Belastungsgrenze bringt.
Das Thema war auch hier wieder Wissensmanagement, von daher lag mir zumindest das Thema schon mal ganz gut. Herausgekommen ist ein Seminarbeitrag mit zugehöriger Präsentation, die trotz der ganzen Koordinationsprobleme ganz sehenswert waren.
Inhalte: Bearbeitung des Themas „CSCW-Unterstützung für den Erwerb und die Weitergabe von Wissen“
Lernart: -/-
Prüfungsart: Abgegebene Ausarbeitung und Präsentation, bestanden
Bewertung: Herausfordernde Arbeitsweise durch räumliche Verteilung und berufliche Rahmenbedingungen (Dienstreisen etc.) der Bearbeiter
Besonderheit: Ausarbeitung und Präsentation wurden von zwei Kommilitonen gemeinsam bearbeitet. Die Ausarbeitungen aller am Seminar teilnehmenden Kommilitonen wurden in einem gemeinsamen Seminarband an die Teilnehmer verteilt. Am Präsenztag war ich emotional leider etwas geknickt, weil Deutschland am Vorabend im EM-Halbfinale an Frankreich gescheitert ist *schnüff*

Programmierpraktikum (1580)

Das Programmierpraktikum war zur Abwechslung mal was Praktisches, da musste man keine Skripte lernen und sich mit der grauen Theorie herumschlagen, sondern konnte endlich mal in die Tasten hauen und zeigen, was man in Sachen Programmierung so drauf hat. Ich hatte mich schon einige Zeit auf das Praktikum gefreut, wurde dann allerdings kalt erwischt, als ich hörte, aus welchem Umfeld die Programmieraufgabe stammte: „Algorithmische Geometrie“. Oje, das klang trocken. Aber allen Vorurteilen zum Trotz war es das nicht.
Als Teil 1 der Aufgabenstellung veröffentlicht wurde und klar war, was von den Teilnehmern erwartet wurde, war mein Interesse wieder geweckt. Es ging um die Entwicklung eines Java-Programms, das aus einer beliebigen Punktmenge deren konvexe Hülle berechnet und anzeigt. Die konvexe Hülle eine Punktmenge umschließt alle Punkte dieser Menge und weist einen minimalen Umfang auf. Zu implementieren waren die Zeichenfläche, Funktionen zum Einlesen und Speichern von Punktmengen, zum manuellen Hinzufügen von neuen Punkten, zum automatischen Hinzufügen von vielen Zufallspunkten und der ständigen Neuberechnung und Anzeige der resultierenden kovexen Hülle. Teil 2 der Aufgabenstellung wurde erst nach Abschluss des ersten Teils veröffentlicht und erweiterte die initiale Aufgabenstellung um die Berechnung von mehreren Winkelhüllen.
Ich habe viel über die Entwicklung von grafischen Oberflächen, der Entwicklung von geeigneten Datenstrukturen und über die Optimierung von Algorithmen gelernt. Weiterhin musste ein Versionskontrollsystem genutzt werden, um die Zwischenstände zu sichern und die fertigen Lösungen einzureichen.
Inhalte: Implementierung einer Anwendung zur Berechnung und Darstellung von konvexer Hülle und n Winkelhüllen zu einer gegebenen Punktmenge
Lernart: Learning by doing 🙂
Prüfungsart: Abgegebene Anwendung inkl. Benutzerdokumentation und Code-Dokumentation in Form von JavaDoc
Bewertung: Erstes größeres Java-Projekt für mich. Ich habe zwar immer mal wieder kleinere Sachen (privat und dienstlich) in Java entwickelt, aber noch nie ein Projekt mit einem solchen Umfang. Die Einarbeitung in die Technologien war herausfordernd und spannend.
Besonderheit: Die Aufgabenstellung enthielt noch zwei Fehler, die ich aufdecken konnte, nachdem ich mein Programm lange Zeit nicht zum Laufen bekam und mich auf eine intensive Fehlersuche begeben musste. Es waren tatsächlich Fehler, die Prof. Icking zwar in seinem Algorithmus korrigiert, aber noch nicht in die Aufgabenstellung übertragen hatte. Irgendwie war ich schon ziemlich stolz darauf, dass meine Analyse dafür gesorgt hat, dass die Aufgabenstellung korrigiert werden konnte und für die anderen Kommilitonen erst richtig nutzbar wurde.

Der Endgegner: Die Masterarbeit

Die Masterarbeit wäre ein eigenes Kapitel wert. Muss jetzt aber mal ohne gehen. Ich habe drei Anläufe gebraucht, um sie abschließen zu können. Doch der Reihe nach:

Versuch 1: Angemeldet und Thema zurückgegeben
Den ersten Versuch startete ich am Lehrstuhl Haake, nachdem ich dort bereits das Seminar belegt hatte. Um zu vermeiden, dass ich eine Arbeit von 70 Seiten schreibe, die nach der Bewertung ihr weiteres Dasein entweder im Papierkorb oder im Regal fristet, habe ich einen eigenen Themenvorschlag aus meinem Arbeitsumfeld eingebracht: Ich wollte eine Anwendung konzipieren und entwickeln, mit der ein bis zu diesem Zeitpunkt ziemlich ungelenker, zeitaufwändiger, fehleranfälliger und vor allem papierbasierter Prozess elektronisch abgebildet werden sollte. Prof. Haake fand Gefallen an dem Thema, und nach der Fertigstellung des Exposé und der Anmeldung ging es auch schon los mit der Anforderungsermittlung. Die Gründe, weswegen ich das Thema zurückgegeben habe, sind vielfältig. Der wichtigste Grund lag an der Entscheidung meines Betreuers auf Arbeitgeberseite, sein mehrmonatiges Sabbatical exakt in den Bearbeitungszeitraum der Masterarbeit zu legen. Zack, Ansprechpartner weg, und ich hing fachlich ein wenig in der Luft. Das war mir definitiv zu unsicher und führte zu der Entscheidung, das Thema zurückzugeben – auf wenn’s schwerfiel.

Versuch 2: Eingearbeitet, aber nicht angemeldet
Den zweiten Versuch startete ich am Lehrstuhl von Prof. Hemmje (der mir nach meiner letzten mündlichen Prüfung ja angeboten hatte, die Masterarbeit an seinem Lehrstuhl schreiben zu können). Das Thema selbst wurde von Prof. Heutelbeck betreut – den kannte ich ja noch aus meiner mündlichen Prüfung in „Mobile Computing“. Ziel war es hier, eine Android-App zur Koordination und Kommunikation zwischen Handwerkern auf Baustellen zu erstellen. Die anderen Komponenten (Web-Client, Serverkomponente, Social-Media-Login, etc.) wurden bereits von anderen Kommilitonen bearbeitet. Die steckten bereits mitten in der Thematik und der Bearbeitung ihrer schriftlichen Ausarbeitungen. Und auch wenn die anderen (inkl. Prof. Heutelbeck) alle erdenkliche Mühe gaben, mich in die Aufgabe einzuführen, musste ich vor dem riesigen Berg an Technologien kapitulieren, die ich mir hätte aneingen müssen. Maven, Git, CQRS, Event Sourcing, Vaadin, ReST, Spring Boot, MongoDB, OpenID, um nur einige zu nennen. Das war schlicht zu viel. Zu diesem Punkt war ich mit meinen 42 Jahren eher eine Bremse als eine Unterstützung für das Team. Es wurde in 2-wöchentlichen Sprints gearbeitet, und im Review musste dann Bericht erstattet werden, wie weit jeder Teilnehmer war und wie die nächsten Schritte aussahen. Auch hier waren die Kommilitonen auf meine Arbeitsergebnisse angewiesen, nur ging es hier nicht um einen popeligen Seminarschein, sondern um Abschlussarbeiten. Dem ganzen Projekt war ich nervlich nicht gewappnet. Überhaupt habe ich angesichts meiner Depressionsgeschichte immer öfter die Entscheidung zur Aufnahme dieses Studiums verflucht. Meine Schwester hat es mal so ausgedrückt: „Wenn Du Dir das nächste Mal beweisen willst, dass Du noch leistungsfähig bist: Wie wär’s statt einem Universitätsstudium denn zur Abwechslung mal mit einem Töpferkurs bei der Volkshochschule?“ Ich beneide meine Schwester immer öfter um ihre nüchterne Sicht auf die Dinge. Kurzum: Ich musste auch dieses Mal meinen Rückzug kundtun mit dem Unterschied, dass ich das Thema a) nicht mehr zurückziehen konnte (das geht nur einmal) und b) es auch nicht musste, immerhin war die Masterarbeit noch nicht angemeldet.

Versuch 3: Angemeldet, durchgebissen und erfolgreich abgeschlossen
Im dritten Versuch hat es dann letztendlich geklappt. Zurück am Lehrstuhl Haake habe ich wieder ein Thema aus meinem Arbeitsumfeld eingebracht, das nach einigen Modifikationen schließlich angenommen wurde. Dieses Mal sollte es um die „Konzeption eines Vorgehensmodells zur Cloud-Migration von Lotus-Notes-Anwendungen“ gehen. Fachlicher Hintergrund: Die Firma stellt gerade die Mail- und Groupwareinfrastruktur von Lotus Notes auf Microsoft Exchange/SharePoint um. Zusätzlich werden interne Rechenzentren aufgegeben und die dort gehosteten Anwendungen schrittweise in die Cloud migriert. Ein aus Arbeitgebersicht brandaktuelles Thema also.
Die Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl funktionierte von der ersten Kontaktaufnahme bis zum Abschluss in Form des Kolloquiums und der beiden Gutachten problemlos und vorbildlich. Prof. Haake betreute die Arbeit selbst und stand jederzeit zur Verfügung, um mich bei Fragen und Problemen mit Ratschlägen wieder auf den rechten Weg zu führen.
Im Regionalzentrum war ich in dieser Phase Dauergast: Den offenen Abend der aufgeschobenen Hausarbeiten sowie die Kurse „Lern- und Arbeitstechniken: Erstellen schriftlicher Arbeiten“ und „Bring your own device! Haus-/Abschlussarbeiten effizient mit MS Word am eigenen Lap-top erstellen – Workshop für Studierende an der FernUniversität in Hagen“ habe ich dort belegt. Spürbar war das Interesse der Mitarbeiter über den Verlauf meiner Masterarbeit und die Erfahrungen mit dem Lehrstuhl.
Die Unibibliotheken in Darmstadt und Frankfurt am Main wurden von mir regelmäßig besucht, um neu entdeckte Literatur zu sichten.
Im Mai habe ich dann eine Woche Urlaub investiert, um in einer neutralen Umgebung mehrere Tage ungestört arbeiten zu können. Was lag näher, als für eine Woche an den Ort zu ziehen, an dem ich mein Erststudium abgelegt hatte? Ich kannte den Campus, die Bibliothek und die Stadt. Also, ab nach Paderborn.
Nach den ersten beiden Tagen war ich allerdings ziemlich gefrustet. Die ersten beiden Monate der Bearbeitungszeit waren vorüber. Zugegeben, ich hatte ein krasses Prokrastinationsproblem, das für den unbefriedigenden Stand der Masterarbeit mitverantwortlich war. Das Problem saß aber tiefer: Der rote Faden wollte und wollte sich nicht zeigen. Da half nur noch eins: <STRG>+<A> – <STRG>+<X>. Kompletter Reset, bisherige Gliederung aufgegeben, eine neue entwickelt (die auf zwei wunderschönen Mindmaps basierte), mit dem Lehrstuhl abgestimmt, und weiter ging es.
Doch die Probleme hörten nicht auf: Zu viel und zu unkoordiniert Literatur gesammelt. Auch hier musste dringend ausgemistet und neue Ersatzliteratur beschafft werden.
Die Suche nach einer Masterarbeit, die thematisch zu meiner zu passen schien, die ich aber in keinem Bestand „meiner“ Bibliotheken in Darmstadt, Frankfurt und Paderborn finden konnte, führte mich nach Dortmund. Seit Ende Mai bin ich Besitzer eines Benutzerausweises der dortigen FH-Bibliothek. Und das alles nur, um dort vor Ort ein Ebook herunterzuladen. Ich musste also knapp 160 km Zugfahrt auf mich nehmen, um mit ein paar Bits mehr auf meinem USB-Stick wieder nach Paderborn zu fahren und mit dem Ding arbeiten zu können. Das darf man im digitalen Zeitalter eigentlich keinem erzählen.
Es dauerte dann aber noch bis zum 1. Juli, bis ich mit dem Schreiben loslegen konnte. Ab sofort war ich 2 Wochen Vollzeit in der Uni-Bib in Darmstadt, anfangs an den öffentlichen Arbeitsplätzen, anschließend hatte ich einen der raren Einzelarbeitsplätze ergattert, der es mir ermöglichte, meine gesammelte Literatur dort einschließen zu können.

Die intensive Schreibphase dauerte vom 1. Juli bis zum 1. September. Mein Zeitplan sah dann noch eine Korrekturphase vor, um den Entwurf nochmal korrekturlesen zu lassen und an den Feinschliff bzgl, Formatierung und Inhalt gehen zu können. Dieser Korrekturpuffer hat sich definitiv gelohnt, die Arbeit sieht in ihrer finalen Version sehr ansprechend aus.

Danken muss ich auch meiner Chefin Nina, die es mir ermöglicht hat, einige Tage ganztägig an der Arbeit weiterarbeiten zu können. Es wechselten sich Teil- und Vollzeittage ab. Ich wurde immer nervöser und gereizter, man hat mir den ganzen Stress tatsächlich angesehen, auch wenn ich versucht habe, mein Umfeld von meinen Launen weitgehend zu verschonen.

Am 1. Oktober konnte ich dann das Ergebnis der vergangenen Monate bei der Druckerei in Darmstadt-Arheilgen abholen und am Regionalzentrum in Frankfurt fristgerecht abgeben.

11 Tage später stand dann das Kolloquium als Studienabschluss auf dem Programm. Ich war die Nervosität in Person. Dass das ganze absolut unbegründet war, erfuhr ich im Verlauf des Gesprächs mit Prof. Haake, das eher den Charakter eines Fachgesprächs als eine Prüfungsleistung hatte.

Wenige Tage später trudelten letztendlich zwei unscheinbare Umschläge ein: Einer enthielt das Ergebnis des Gutachtens: Man hatte mit für die Masterarbeit eine 1,3 gegeben. Das war ein Ergebnis, mit dem ich nicht im Geringsten gerechnet hätte und über das ich mich umso mehr gefreut habe. Der andere Umschlag enthielt dann auch schon die Abschlussunterlagen: Masterurkunde auf deutsch und englisch, Diploma Supplement auf deutsch und englisch sowie das Prüfungszeugnis. Den Urkunden und dem Zeugnis lagen dann noch zwei beglaubigte Kopien bei. Ein rundum perfekter Service vom Prüfungssekretariat. Vielen Dank dafür und an das Team von Prof. Haake für die extrem schnelle Begutachtung.

Fazit

Das Studium hat mich in den vergangenen 6 Jahren stark gefordert und teilweise an meine Grenzen geführt (ja, ich rede von der Masterarbeit). Ich habe im Gegenzug auch eine Menge gelernt. Nicht nur fachlich, sondern insbesondere auch viel über mich.
Mit einer Depression ein Masterstudium neben einem 39-Stunden-Vollzeitjob durchzuziehen ist eine Gratwanderung. Aber es kann funktionieren, auch wenn ich immer wieder depressive Episoden aushalten musste. Ich persönlich bin daran gewachsen, habe gemerkt, dass ich stärker und leistungsfähiger bin, als ich mir das in meinen kühnsten Träumen ausgemalt hätte. Und auch die Tatsache, dass ich mit meinen 44 Jahren aus dem Bereich des Altersdurchschnitts meiner Kommilitonen schon lange herausgewachsen bin, macht mich stolz, dass es letztendlich gutgegangen ist.

Wie geht es weiter?

Gute Frage, auf die ich aktuell noch keine Antwort habe. Ich bin seit zwei Jahren parallel im Bachelorstudiengang Informatik eingeschrieben, habe aber nicht den Anspruch, dieses Studium abzuschließen. Vielmehr will ich auch weiterhin a) interessante Kurse besuchen und b) auch weiterhin im Dreamspark-Softwareshop von Microsoft Software bestellen können. Aktuell treibt mich noch die Frage um, ob eine Promotion etwas für mich wäre. Ich werde berichten, wie ich mich diesbezüglich entschieden habe.


2 Kommentare zu „Zeit für ein Resümee

  1. Danke für diesen offenen Artikel, auch zu den Herausforderungen mit den Depressionen. Herzlichen Glückwunsch zum verdienten Abschluss und zum Besiegen des Endgegners!
    Ich sitze gerade im gleichen Studiengang an der Masterarbeit in einer Unibibliothek und kann so vieles nachvollziehen, auch ein Hoch auf den Kommentar mit dem Töpferkurs. Deine Beschreibung macht Mut, danke!

    • Hi, ABC,
      danke für Deinen Kommentar – und sorry, dass ich ihn jetzt erst freigeschaltet und kommentiert habe: Ich war die letzten drei Wochen im Urlaub und (mal wieder) mit Prüfungsvorbereitungen beschäftigt. Mehr zu diesem Thema hoffentlich in 2-3 Wochen, dann kann ich dazu hoffentlich etwas mehr schreiben.
      Das „Hurra“ zum Töpferkurs gebe ich gerne an meine Schwester weiter – von ihr kam ja auch die Frage, warum ich mir den ganzen Stress in meiner Freizeit neben einem 39-Stunden-Job antue, anstatt einen solchen Kurs bei der VHS um die Ecke zu belegen.
      Ja, und dann noch das liebe Thema „Depressionen“. Als hätte man nicht schon genug mit Job und Studium zu tun, saugt Dir dieses schwarze Monster immer noch ein bisschen zusätzliche Energie aus dem Körper. Und der kleine Mann im Kopf, der einem immerwieder sagt, wie Scheiße man ist, wird auch nicht wirklich müde – egal, wieviele Abschlüsse man noch dranhängt. Aber: Er wird leiser, auch wenn es sehr lange dauert.
      Für die finale Phase Deines Studiums wünsche ich Dir jedenfalls viel Kraft und Erfolg. Du rockst das!

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